Städtisches Bestattungswesen Meißen

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Goldrausch im Triebischtal

Die kleine Weihnachtsgeschichte erzählt davon, wie ich im Winter 1969 auf der Suche nach Gold, den Triebischtaler entdeckte.

Am Ende des Jahres 1969 brach bei meinem Freund Roy und mir das Goldfieber endgültig aus. Angestachelt durch die gerade überall in den Kinos laufenden Indianerfilme, gab es für uns nur das eine Thema. Wir waren auf der Suche nach Gold. Allerdings gab es in Meißen keinen Klondike-River, sondern nur einen Fluß den man Triebisch nannte. Dieser schien in der Stadt selbst zum Goldwaschen weniger geeignet zu sein, denn unser geplantes Vorhaben hätte bestimmt viele Schaulustige angelockt. Wir mussten also unser Eldorado weit vor der Stadt finden. Wie der Zufall es so wollte, hatten die Eltern von meinem Freund Roy damals ein kleines Häuschen sowie Garten in Rothschönberg, einem kleinen Dorf im Triebischtal. Geheimnisvolle Dinge konnte der Großvater von Roy über einen dort existierenden langen Stollen erzählen.

Über viele Kilometer bis nach Freiberg sollte er reichen, immer tief in der Erde durch Fels und Gestein. Bei einem Spaziergang im Sommer, waren wir schon einmal dort und bestaunten das große verschlossene Tor im Wald, welches der Großvater von Roy immer „Hauptmundloch“ nannte. Vom Freiberger Bergbau hatten wir ebenfalls schon oft gehört und natürlich auch von der Tatsache, dass man dort einst Silber gefördert hatte. Das klang für uns alles hochinteressant, denn wir erfuhren durch unsere Fragerei, dass im Stollen selbst jede Menge Wasser aus dem Freiberger Bergrevier, eine Reise unter der Erde von über 50 Kilometern unternimmt, um dann endlich in die Triebisch zu fließen. Selbst mit kleinen Booten soll der Stolln befahrbar sein. Allerdings wurde uns gleichzeitig ganz deutlich klar, wie gefährlich solch ein Ort sein kann. Der Stolln war für uns Kinder somit völlig tabu! Natürlich hatten wir auch keine allzu große Lust in die sicher dort vorherrschende Dunkelheit des feuchten Stollens einzufahren, aber das war für unsere Goldsucherei auch vollkommen unnötig. Unser bisheriges Wissen genügte vollkommen, denn was hatten wir herausbekommen? Also, das Wasser vom Bergbaurevier floß in die Triebisch und wir mussten eigentlich nur diese Stelle finden und dort unsere Netze auswerfen. Wir waren felsenfest davon überzeugt, dass das Wasser schon etwas brauchbares auf seiner langen unterirdischen Reise mitbringen wird. Wir schmiedeten einen Plan. Anfang Dezember wurde spätestens das kleine Haus und der Garten bei Rothschönberg „winterfest“ gemacht und meist war dabei auf dem Dach einiges auszubessern. Der Vater von Roy nebst Großvater wären also einige Zeit beschäftigt gewesen. So könnte unser Vorhaben gelingen.

An einem sonnigen, aber kaltem Samstagmorgen machte man sich zur Reparatur des Daches auf den Weg und ich war mit dabei. Eine alte MZ brummte durch das Triebischtal und mir tat im Seitenwagen der Rücken weh, weil das große Sieb in meinem Rucksack, welches ich aus unserem Küchenschrank geborgt hatte, böse drückte. Als wir ankamen lag auf der Wiese im Garten schon etwas nasser Schnee. Es bestand kein Zweifel, trotz der warmen Sonnenstrahlen, stand der Winter vor der Tür. Die Erwachsenen machten sich auch gleich an die Arbeit und wir trollten uns davon. „Macht keine Dummheiten und seid gegen Mittag zurück“, rief uns der Vater von Roy noch hinterher. Nun konnte es also losgehen. Am Flußbett der Triebisch angekommen, hörten wir schon ein lautes Rauschen ganz in der Nähe. Dort hinten also floß das Wasser aus dem Freiberger Revier in die Triebisch. Der Fluß selbst war hier breit und eher flach, also stauten wir mit einigen Steinen das Wasser an einer Stelle auf und brachten ein großes Stück vom engmaschigen Drahtgeflecht in Stellung. Dabei kam auch Mutters Küchensieb zum Einsatz. Nun hieß es abwarten und immer ein Auge auf die Siebe zu haben. Das Wasser war klar und sehr kalt, doch wir froren nicht, denn der mitgebrachte Fußball heizte uns mächtig ein.

Nach einer Weile war es Zeit für eine erste Inspektion. Leider war das Ergebnis kläglich. Viele kleine Holzstücke waren im Drahtgeflecht hängengeblieben und in Mutters Küchensieb lag sogar eine tote Maus. Der erste Versuch ging also daneben. Wir brachten unsere Siebe wieder in Ordnung und kehrten zum Haus zurück. Dort wurden wir bereits mit Bratwurst vom Grill und einem Glas heißen Tee empfangen. Der Schornstein rauchte und im Hause spendete der kleine Ofen wohlige Wärme. Zünftiger konnte es beim Goldsuchen gar nicht zugehen. Wir fühlten uns wie im Wilden Westen und die aufkommende Müdigkeit, zwang uns für Minuten in den Schlaf. Der Großvater von Roy schnarchte plötzlich laut und alle erwachten aus ihrem Schlummer. Uns zog es nun sofort wieder an die Triebisch und die Erwachsenen stiegen erneut auf das Dach.

Ein freudiger Schreck durchfuhr mich und ich starrte ungläubig in mein Küchensieb. Dort glänzte doch etwas? Tatsächlich, zwischen kleinen Steinen blinkte etwas silbernes, was sich sofort als eine Münze entpuppte. Daneben lag gleich noch ein Stück und dann noch eine braune Scheibe. Ich jubelte Roy herbei, der ebenfalls strahlte und mir seine drei Schätze zeigte. Auch er hatte Glück und fand Münzen aus der Kaiserzeit und dazu ebenfalls eine braune Scheibe im Drahtgeflecht. Hier waren wir also goldrichtig, obwohl wir kein richtiges Gold gefunden hatten! Wir fielen uns in die Arme und freuten uns wie sich nur Kinder freuen können. Inzwischen war die Sonne verschwunden, die nun grauen Wolken brachten Schneeregen und der Wind die Kälte mit. Es wurde Zeit den Gold Claim zu verlassen und zum Haus zurückzukehren. Langsam tauten wir am warmen Ofen wieder auf. Der Großvater von Roy stand schmunzelnd am Fenster, paffte mit seiner Tabakspfeife blaue Kringel in die Luft und sah hinaus. „Na, was gefunden?“, fragte er so ganz nebenher. „Ja!“, antworteten wir wie aus einem Munde. Wir legten unsere Ergebnisse der Goldsucherei auf den Tisch. Komischerweise kannte sich der Großvater von Roy gut mit den Münzen aus und erklärte uns die einzelnen Stücke. Es handelte sich somit um vier 10-Pfennig-Stücke aus dem deutschen Kaiserreich von 1911 aus der Prägestätte Berlin. Die beiden braunen Scheiben waren Notgeldmünzen aus Böttgersteinzeug, die einmal in der Porzellanmanufaktur Meißen hergestellt worden sind. Obwohl auf den beiden Steinzeugmünzen „1 Mk.“ stand, bezeichnete sie der Großvater als „Taler“. Das klang gut, wir hatten also im Triebischtal, im Fluß Triebisch, jeder einen Taler gefunden. Es waren sozusagen echte „Triebischtaler“! Ich war damals über meinen Fund so sehr erfreut, dass ich die Münzen am Heiligen Abend unter den Weihnachtsbaum legte. Insgeheim hatten mein Freund Roy und ich ja den Großvater im Verdacht, dass er uns die Münzen in die Goldsiebe gelegt hat. Das er selbst ein Münzsammler ist, war ja im allgemeinen bekannt. Oftmals hatte er uns einige Stücke gezeigt, allerdings hatte ich damals noch kein großes Interesse an Münzen. Diese Leidenschaft kam bei mir erst viel später. Aber eventuell hat mein jugendliches Goldsuchabenteuer und das Finden vom Triebischtaler, doch etwas dazu beigetragen?

Heute habe ich leider keine Ahnung mehr, wo die Münzen von damals abgeblieben sind, aber die Geschichte wird in mir immer wieder lebendig, wenn ich meine Heimatstadt besuche und dabei in Rothschönberg Station mache. Das Hauptmundloch ist heute noch zu sehen und noch immer fließt dort das Wasser nach seinem kilometerlangen Weg aus dem Freiberger Revier in die Triebisch.

Übrigens, die tote Maus im Küchensieb habe ich Zuhause nie erwähnt und das Sieb war weiterhin noch einige Jahre in häuslicher Funktion.

Bewahren wir weiterhin solche Geschichten aus der Kindheit im Herzen auf, damit diese einmal später erzählt, anderen Menschen Freude bringen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein Frohes Weihnachtsfest.

Reiner Graff / numiscontrol

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